Die traditionellen Medizinsysteme Asiens - der Ayurveda in Indien oder die Jamu-Medizin in Indonesien - nutzen seit Jahrhunderten die reichhaltige Pflanzenwelt des tropischen Regenwaldes. Die Schätze der Erfahrungsheilkunde werden traditionell innerhalb der Familien weitergegeben. Daraus haben sich Anwendungen zur allgemeinen Gesundheitspflege und zur Erhaltung des körperlichen, geistigen und seelischen Wohlbefindens, aber auch Behandlungen in der Frauenheilkunde und Hebammen-Heilmethoden entwickelt. Die Pflege des Körpers und der Haut - die Schönheitspflege - gehört in Asien zum Alltag und ist nicht einer bestimmten Medizin oder Kosmetik zugeordnet. In der Volksheilkunde Asiens spielen Kräuter- und Pflanzenextrakte eine große Rolle. Sie werden als Dekokte (Abkochungen), alkoholische Auszüge, als Verreibungen, in Tabletten, in medizinierten Ölen oder als Körperpackungen angewandt. Die Rezepturen von medizinierten Pflanzenextraktölen wurden schon in den klassischen Schriften des Ayurveda vor ca. 3.500 Jahren erwähnt. Aus getrockneten Pflanzen wird zunächst ein Sud hergestellt, der dann in erhitztes Öl so lange eingerührt wird, bis das Wasser vollständig verdampft ist und der Pflanzenextrakt sich mit dem Öl verbunden hat. Diese medizinierten Öle werden dann als Körperölgüsse oder mit Kräuterstempeln in einer speziellen Massagetechnik eingesetzt. Die in alten Überlieferungen und Berichten von Heilkundigen der Volksmedizin beschriebenen Anwendungen und Wirkungsweisen von exotischen Pflanzenextrakten wurden und werden nun erforscht, um diese Erkenntnisse zur Entwicklung von neuartigen Wirksystemen für die dermatologische Kosmetik und die Medical Wellness einzusetzen. Für den transdermalen Transport von Wirkstoffen werden heute modernste galenische Formulierungen wie die Verkapselung in Liposomen oder Nanopartikel-Dispersionen genutzt.
Als erste Gruppe werden nun Extrakte mit antioxidativer und entzündungshemmender Wirkung (Radikalfänger) näher betrachtet. Weihrauch
Weihrauch ist ein Harz, das aus Wüstenbäumen der Gattung Boswellia durch Anritzen der Rinde gewonnen wird. Hauptanbaugebiet der Weihrauchbäume ist der vordere Orient, hauptsächlich Oman, Jemen, Somalia und Indien. Die Verwendung von Weihrauch ist in der fernöstlichen traditionellen Medizin vor allem in Indien (Ayurveda) und im vorderen Orient zur Behandlung verschiedenster Erkrankungen, von Entzündungszuständen und rheumatischen Gelenkerkrankungen bekannt. Weihrauchextrakte, speziell der Inhaltsstoff Acetyl-Keto-ß-Boswelliasäure, haben antientzündliche Eigenschaften und hemmen die 5-Lipoxygenase - ein Schlüsselenzym der Leukotrienbiosynthese, die bei Entzündungs- und allergischen Reaktionen eine große Rolle spielt - und kollagenzerstörende Metalloproteinasen. Des Weiteren hat diese Weihrauchsäure antiproliferative, d.h. dem Wachstum und der Teilung von Zellen entgegenwirkende, und antitumoröse Wirkungen durch Hemmung der Topoisomerasen und Caspasen (Anmerk. d. Red.: Topoisomerasen sind Enzyme, die die räumliche Struktur der DNA bestimmen und verändern. Caspasen sind Enzyme, die an der Apoptose, dem programmierten Zelltod, beteiligt sind). Weihrauchextrakte haben eine gute Wirkung bei entzündlichen, proliferativen Hauterkrankungen z.B. bei aktinischen Keratosen. Aber erst durch eine spezielle Verkapselung in Nanopartikel-Dispersionen sind die klebrigen Weihrauchextrakte in der Lage, durch die Hautbarriere in tiefere Hautschichten einzudringen, um hier die spezifischen Wirkungen zu entfalten.
Mangosteen
Seit Generationen verfügen die Inselbewohner des südostasiatischen Raumes über das geheime Wissen um die herausragende Wirkung der Mangosteen auf Gesundheit und Langlebigkeit. Kaum eine Frucht ist in Europa und Amerika so unbekannt wie die Garcinia mangostana. Forschungen über die gesundheitsfördernden Wirkstoffe der Mangosteen wurden erst vor wenigen Jahren begonnen. Die Garcinia mangostana, auch als Mangosteen bekannt, wurde nach dem französischen Forscher Laurent Garcin (1683-1751) benannt. Der Mangosteenbaum ist im südostasiatischen Raum beheimatet, man findet ihn heute vor allem in Thailand, Kambodscha, Indonesien, Malaysia und China. Der Baum trägt erst nach zehn Jahren Früchte, die zwei Mal jährlich geerntet werden können. Die Frucht ist etwa so groß wie eine Tomate und besteht aus einer dicken, holzigen, rotvioletten Schale und einem zarten, saftigen und schneeweißen Fruchtkern aus vier bis acht Segmenten. Wegen des köstlich schmeckenden Fruchtfleisches hat die Mangosteen den Namen „Königin der Früchte" bekommen. Die Mangosteen spielt seit vielen Jahrhunderten eine wichtige Rolle als wirksame Medizin in der asiatischen Naturheilkunde. Die Schalen, Samenkörner und die Blätter wurden zur Herstellung von Arzneien genutzt. Die Schale enthält bitteren, gelben Latex und einen purpurfarbenen Saft. Aber erst kürzlich zog die Mangosteen die Aufmerksamkeit der Biochemie auf sich. Die medizinische Wirksamkeit in der Volksheilkunde wurde mit großen Mengen an bioaktiven Wirkstoffen - den Xanthonen - in der Mangosteen erklärt. Xanthone sind natürliche, biologisch aktive Substanzen (Pflanzenphenole), die in einigen wenigen tropischen Pflanzen gefunden wurden. Kürzlich durchgeführte klinische Studien und wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Xanthone in der Mangosteen eine überraschende Vielfalt an medizinischen Wirkungen haben: Sie wirken entzündungshemmend, antioxidativ, bakterizid, fungizid, antiviral, antiproliferativ und immunmodulierend, was die Eingeborenen schon lange wussten. Seit langem ist in Asien bekannt, dass Mangosteenextrakt bei Hautausschlägen und anderen Hauterkrankungen erfolgreich eingesetzt werden kann. Die Mangosteenfrüchte enthalten neben Xanthonen natürlich vorkommende Mineralien und Spurenelemente, Polyphenole, Cathechine, Polysaccharide, Enzyme, Vitamine, Bioflavonoide, Antioxidantien sowie andere wertvolle sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe. In Nanopartikeln eingekapselter, xanthonhaltiger Mangosteenextrakt ist ein hochwirksamer dermokosmetischer Wirkstoff zur Hautregeneration und für Anti-Aging-Behandlungen.
Granatapfel
Im Mittelmeerraum und im Nahen Osten wird der Granatapfel seit Jahrhunderten kultiviert. In Indien wird Punica granatum auch als Gewürz angebaut. Neue Forschungen zeigten, dass der Granatapfel eine Vielzahl von gesundheitsfördernden Wirkstoffen enthält, so eine fast ausschließlich und in hoher Konzentration in dieser Frucht vorkommende Fettsäure, die Ellagsäure. Außerdem: Betacarotin, Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente und vor allem große Mengen antioxidativer sekundärer Pflanzenstoffe, wie Polyphenolen (Flavonoide, Tannine). Die Wirkstoffe lindern Entzündungen und beschleunigen die Heilung von Wunden durch Regeneration des Gewebes. Granatapfelextrakt wirkt gegen Hautalterung, hat eine regenerative Wirkung auf die Epidermis, erhöht die Festigkeit und Elastizität der Haut, wirkt positiv ausgleichend auf die Hautfeuchtigkeit und ist faltenreduzierend. Eine japanische Studie aus dem Jahr 2004 belegt, dass der Granatapfel wegen seiner enormen Mengen an Phytoöstrogenen Frauen in der Menopause eine spürbare Linderung ihrer typischen Beschwerden bringen kann. Neuere Studien zeigten, dass Granatapfelextrakt auch eine positive Wirkung in der Männermedizin hat und bei einer Prostatavergrößerung den typischen Beschwerden entgegenwirkt und das prostataspezifische Antigen (PSA) senken kann. Das Öl der Samen und der Blätter weist einen hohen Gehalt an Pflanzenhormonen auf. Die Fettsäuren des Granatapfels sind unter anderem für die Bildung von Prostaglandinen im menschlichen Körper verantwortlich. Prostaglandine sind für den Stoffwechsel und die Immunabwehr wichtig. Granatapfelschalen enthalten Bioflavonoide und wie Mangosteen Xanthone, die antiproliferativ, antientzündlich und antitumorös wirken. In Nanopartikel verkapselte Granatapfelextrakte sind sehr wirksam zur Behandlung von entzündlichen Hauterkrankungen wie Neurodermitis, Akne und Ekzeme.
Cistrose
Südeuropa ist die Heimat der rosarot blühenden Cistus incanus-Pflanze (graubehaarte Zistrose). Ihre Verwendung lässt sich bis ins 4. Jahrhundert vor Christus zurückverfolgen. In Form von mühevoll gewonnenem Harz - so genanntes Labdanum - brachten die Menschen die Pflanze nach Ägypten und in den Sudan. In der Volksmedizin wird die Pflanze zur Linderung von Juckreiz bei Hauterkrankungen und bei Allergien genutzt. In Griechenland konnten Hebammen, die Neugeborene und Wöchnerinnen mit einem Cistussud wuschen, die Säuglingssterblichkeit deutlich reduzieren. Die christlichen Kirchen kennen das wohlriechende Harz aus Cistus incanus (Labdanum) noch heute als einen wichtigen Bestandteil der Weihrauchmischungen zu liturgischen Räucherzwecken. Wie in der Antike wird Cistus auch heute aufgrund seiner keimtötenden Wirkung gegen Bakterien, Pilze und Viren eingesetzt. Verantwortlich hierfür sind die darin enthaltene Gerbstoffe und Polyphenole, die bei entzündlichen Hauterkrankungen wie Akne und Neurodermitis antiinflammatorisch und juckreizstillend wirken. Cistusextrakt in Liposomen verkapselt wird erfolgreich bei entzündlichen Hauterkrankungen in der Dermokosmetik eingesetzt.
Extrakte mit phytohormonaler Wirkung können aus den folgenden Pflanzen gewonnen werden:
Dong Quai
Seit Jahrhunderten wird Angelica sinensis, chinesisch: Dong Quai, bei einem breiten Spektrum weiblicher Beschwerden eingesetzt. In Asien wird Dong Quai auch „Ginseng für Frauen" genannt. Chinesische Frauen nehmen Dong Quai, um ihren Menstruationszyklus zu regulieren und schmerzhafte Menstruationsbeschwerden und das prämenstruelle Syndrom zu lindern. Dong Quai enthält Flavonoide, Polyphenole, Vitamine und Phytohormone mit östrogen- und progesteronartiger Wirkung. Forscher haben mehr als sechs Cumarinderivate mit krampflösender und gefäßerweiternder Wirkung isoliert. Auch ätherische Öle können aus Dong Quai gewonnen werden. In liposomaler Verkapselung kann Dong Quai-Extrakt in Körperpackungen in der Medical Wellness zur Linderung des prämenstruellen Syndroms und zur Behandlung der Cellulite eingesetzt werden.
Pueraria mirifica
Pueraria, in Thai auch Kwaao Khruea Khao genannt, ist eine Wildpflanze in Thailand, die in einem begrenzten Waldgebiet in 300-800 Metern über dem Meeresspiegel wächst. Sie enthält Phytoöstrogene wie Miroestrol und Deoxymiroestrol mit der höchsten Östrogenwirkung, die bisher in Pflanzen gefunden wurde. Weitere wichtige Wirkstoffe sind Isoflavone wie Puerarin, Genistein, Daidzein und Coumestrol. Pueraria-Extrakte werden in der Kosmetik als straffende Cremes („Brustcremes"), als Moisturizer, in Antifaltencremes und in der Cellulite-Behandlung als Körperpackungen zur hormonellen Regulation im Unterhautfettgewebe eingesetzt.
Butea superba
Butea superba Roxb. ist eine Kletterpflanze in den Wäldern von Thailand und ist mit Pueraria mirifica verwandt. Die Wirkstoffe sind unter anderem Methoxyfisentin, Methoxyflavon und Methoxyfisentin-Glucopyranoside. Diese Substanzen haben einen gefäßerweiternden Effekt auf die Penisgefäße, so dass die Wirkung von Butea auch als „Viagra Asiens" bezeichnet wird. Zusätzlich haben diese Wirkstoffe einen androgenen Effekt, das heißt sie wirken wie das männliche Sexualhormon Testosteron.
Tongkat Ali
Tongkat Ali (Eurycoma longifolia Jack) ist ebenfalls eine phytohormonhaltige Pflanze aus dem tropischen Regenwald Südostasiens. Der wirksame Bestandteil der Pflanze ist das Peptid Elp1, das wie Butea eine phytoandrogene Wirkung hat. Tongkat Ali- und Butea superba-Extrakte und -Blätter werden in den Spas von Bali und Java in Bädern und Wellness-Treatments „speziell für Männer" eingesetzt. In liposomaler Verkapselung sind diese Extrakte zur transdermalen Phytohormontherapie in der Medical Wellness geeignet.
Die Extrakte der dritten Gruppe können zur Hautregeneration und Faltenreduktion eingesetzt werden.
Parakresse
Zur Faltenreduktion werden Pflanzenextrakte eingesetzt, die ungewöhnliche Derivate von ungesättigten Fettsäuren enthalten. Ein Wirkstoff ist das Spilanthol aus der Parakresse (Acmella oleracea). Die Pflanze stammt aus Südamerika und ist im tropischen Brasilien heimisch. Der scharfe Geschmack geht auf das ungesättigte Alkamid Spilanthol zurück, das mit über 1% in den Blüten am höchsten konzentriert ist. Daneben wurden weitere, ebenfalls scharf schmeckende Amide gefunden. Chemisch und auch physiologisch erinnern diese Stoffe an die Alkamide (Sanshoole) im Sichuanpfeffer. Der wässrige Extrakt aus Parakresse blockiert die Muskelkontraktur der mimischen Gesichtsfältchen und wirkt so faltenreduzierend und hautglättend. Durch Verkapselung in Liposomen ist ein länger anhaltender Effekt zu erzielen.
Mäusedorn
Mäusedorn (Ruscus aculeatus) hat entzündungshemmende und blutstillende Eigenschaften. Der Extrakt wird als Venentherapeutikum eingesetzt. Die Wirkstoffe der Pflanze sind die Saponine Ruscin und Ruscosid sowie die Aglykone Ruscogenin bzw. Neo-Ruscogenin. In der Pflege der Gesichtshaut um die Augen werden Kombinationen von liposomalem Mäusedornextrakt und Hyaluronsäure eingesetzt. Durch Sonoporation (Durchlöchern mit Ultraschall) und Einschleusung dieser Extrakte mit Ultraschall kann die Wirkung noch deutlich verstärkt werden.
Tigergras
Der Gotu Kola (Centella asiatica, Tigergras) ist in Madagaskar, im östlichen Südamerika, im Südosten der Vereinigten Staaten und in Südostasien beheimatet. In Indien hat das Tigergras schon seit Jahrtausenden medizinische Bedeutung. Es enthält Asiaticosid und andere Triterpensaponine und freie Triterpene sowie Flavonoglykoside und das Alkaloid Hydrocotylin. Außerdem kann aus dem Kraut ein ätherisches Öl gewonnen werden. Der Gotu Kola wirkt entgiftend, entzündungshemmend, fiebersenkend, harntreibend und wundheilend. Außerdem stärkt er das Immunsystem und soll eine verjüngende Wirkung haben. Centella asiatica ist eines der wichtigsten Kräuter der ayurvedischen Medizin. Es wird bei Geschwüren, Venenerkrankungen und bei Hautkrankheiten verwendet. In der Kosmetik werden Centella asiatica-Extrakte in Cremes zur Hautstraffung und zur Hautverjüngung verarbeitet.
Einklang von Körper und Seele
Pflanzenextrakte werden in medizinierten Ölmischungen oder in Körperpackungen im Medical Wellness-Bereich eingesetzt. Neben der spezifischen Wirkung spielen hier abgestimmte Kräuterstempelmassagen und andere physikalisch-medizinische Techniken z.B. aus der indonesischen Jamu-Medizin oder der südindischen Kalari-Ayurveda-Therapie eine entscheidende Rolle. Dabei werden nicht nur Effekte auf die Haut, sondern über spezielle Marmas (Energiepunkte) und Nadis (Energiebahnen) Wirkungen auf innere Organe, psychischer Ausgleich und Entspannung erzielt. Die angesprochenen Pflanzenextrakte sind wichtige Bestandteile in der asiatischen Volksheilkunde und in Medical Wellness Treatments in den Spas Südostasiens.
Dr. Hans-Ulrich Jabs |