Auch heute noch sind "Klassiker" wie Bienenwachs und Wollwachs in vielen Produkten enthalten. Mit der Entwicklung der Petrochemie wurden die natürlichen Fettstoffe durch die preiswerteren raffinierten Mineralöle zurückgedrängt, sie erleben aber wieder eine Renaissance, da der physiologische Blickwinkel immer mehr an Bedeutung gewinnt.
Tierische Fette und pflanzliche Öle
Tierische Fette und pflanzliche Öle bestehen zum großen Teil aus Triglyceriden, d. h. aus dem dreiwertigen Alkohol Glycerin, der mit drei Fettsäuren verbunden ("verestert") ist. Wenn heute von Fettstoffen in der Kosmetik die Rede ist, wird der Begriff Fettstoff in der Regel auf andere lipophile Stoffe wie Wachse und mineralische Öle ausgedehnt. Der Unterschied zwischen einem Triglycerid-haltigen Öl und einem Wachsöl wie Jojobaöl besteht darin, dass die chemisch gebundenen Fettsäuren nicht mit Glycerin, sondern mit einem so genannten Fettalkohol verknüpft sind ("Wachsester"). Wachsestern und Triglyceriden ist gemeinsam, dass sie sich aufgrund der verwandten chemischen Struktur mühelos in das natürliche Gleichgewicht der Haut integrieren können. Triglyceride werden aber unter physiologischen Bedingungen leichter in ihre Einzelkomponenten gespalten, wobei sie, je nach Zusammensetzung, auch essenzielle Wirkstoffe wie Linolsäure freisetzen können. Dagegen bleiben Wachsester intakt und ergänzen die natürlichen Triglyceride durch ihre hautschützende Funktion.
Synthetische Ester
Eine Sondergruppe stellen synthetische Ester dar, die aus einem Alkohol und einer oder mehreren Fettsäuren bestehen. Zu ihnen gehören z. B. die spreitenden, d. h. kriechenden Öle wie Isopropylmyristat (IPM), die aus Gründen der besseren Verteilbarkeit von kosmetischen Produkten breite Verwendung finden (weitere Informationen zur Rolle der in den Fettstoffen gebundenen Fettsäuren siehe Beauty Forum 4, 54-56 (2003)).
Glätten und schützen
Mineralische Öle und Wachse wie Paraffinöl, Vaseline (Petrolatum), mikrokristallines Wachs, Erdwachs (Ceresin, Ozokerit), Hartparaffin bestehen dagegen aus Kohlenwasserstoffgemischen mit unterschiedlicher Kettenlänge und Verzweigungen. Diese Stoffe werden von der Haut nicht aufgenommen und bleiben daher an der Oberfläche. Dies erklärt ihre besonders ausgeprägte hautglättende Wirkung. Die damit verbundene Erhöhung der Okklusivität drosselt den transepidermalen Wasserverlust, was zu leichten Hautquellungen führt - das Wirkprinzip vieler kurzfristig wirksamer Antifaltenmittel. Ein entscheidender Nachteil gegenüber Pflanzenölen ist, dass sie die hauteigene Regeneration dämpfen. Ob ein Fettstoff flüssig oder fest ist, wird hauptsächlich durch das Molekulargewicht und - bei natürlichen Ölen - durch die Art der eingebundenen Fettsäure bestimmt. Je ungesättigter die Säure, umso flüssiger der Fettstoff. Auch die Verzweigung der Kohlenwasserstoffketten spielt dabei eine Rolle; so ist z. B. das Öl aus den Bürzeldrüsen der Enten aufgrund verzweigter Fettsäuren auch bei tiefer Temperatur noch flüssig, wasserabweisend und wirkt nicht okklusiv. Fettstoffe dienen größtenteils dazu, die Haut weich zu machen ("Emollients"), sie zu glätten und ihr Geschmeidigkeit zu verleihen. Je mehr Fettstoffe auf die Haut appliziert werden, umso mehr reduziert sich (s.o.) der transepidermale Wasserverlust. Dadurch verringert sich auch die Verdunstungskälte, weshalb vor allem Kälteschutzpräparate, z. B. zur Lippenpflege, einen besonders hohen Fettgehalt aufweisen; außerdem wird die Haut wasserabweisend. Dies ist für Hautschutzpräparate generell wichtig, weil so das Eindringen von wasserlöslichen Schadstoffen verhindert wird. Wichtigster Aspekt sollte allerdings immer bleiben, die hauteigene Regeneration zu fördern. Die Anwendung reiner Öle kommt aufgrund der zurückbleibenden, unangenehmen Fettigkeit nur noch selten vor. Bei einer trockenen und sehr empfindlichen Haut - vor allem bei Reizungen oder Neurodermitis - sind sie jedoch auch heute noch sehr nützlich, weil durch ihren Gebrauch auf eine Vielzahl hautbelastender Hilfsstoffe verzichtet werden kann.
Öle: natürlich und rein
Da die Öle wasserfrei sind, benötigen sie unter anderem keine Konservierungsmittel; auch Emulgatoren, die zu Störungen in den empfindlichen Barriereschichten der Haut führen können, fehlen naturgemäß. Das nachteilige langsame Einziehen in die Haut kann durch Zusätze natürlicher Barrierestoffe beschleunigt werden. Daraus ergeben sich moderne Oleogele mit sehr guten Gebrauchseigenschaften. Sie werden unter anderem in der Fußpflege, bei Dekubitus und perianalen Hautstörungen verwendet. Werden natürliche Öle bei diesen Präparaten eingesetzt, können Linolsäure und wertvolle Begleitstoffe wie Phytosterine und Vitamine freigesetzt werden. Ein typisches Beispiel hierfür ist das Avocadoöl. In diesem Fall sind auch Ölextrakte verfügbar, in denen die genannten Begleitstoffe angereichert sind ("Avocadin"). Reine Öle sind zunehmend im Wellness-Bereich und bei Ayurveda- Anwendungen im Gebrauch. Im Gegensatz zu Mineralölen und Wachsen können pflanzliche Öle ranzig werden, wenn sie einen höheren Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren aufweisen. Dieser Nachteil wird durch den Zusatz von Vitamin E und C in Form von fettlöslichen Derivaten weitgehend ausgeglichen. Trotzdem haben aber Öle wie Nachtkerzen- und Weizenkeimöl den Nachteil einer kürzeren Haltbarkeit. Letztendlich spielen bei der Auswahl eines Öles Art und Anteil der enthaltenen Fettsäuren sowie der Gehalt an den oben genannten Begleitstoffen eine ausschlaggebende Rolle. Die Kunst besteht darin, das individuell am besten geeignete Öl für die individuelle Haut zu finden.
Wachse: mit Kühleffekt
Die festere Konsistenz der Wachse (Ausnahme: Jojobaöl) und ihr natürlicher Sterin- Gehalt (tierische Sterine oder pflanzliche Phytosterine) und das damit verbundene Wasseraufnahmevermögen führten schon frühzeitig zur Entwicklung von wasserhaltigen, so genannten Cold-Creams, die durch das Verdunsten des Wassers zu einem Kühleffekt auf der Haut führen. Typische Fettgrundlagen für diesen Cremetyp, der unkonserviert nicht sehr lange haltbar ist, sind Bienenwachs und Wollwachs. Wollwachs enthält neben anderen Sterinen auch Cholesterin, das in der Haut eine wichtige Barrierefunktion ausübt. Ein heute in Hautpflegecremes sehr häufig verwendetes Wachs ist die phytosterinhaltige Sheabutter. Ein synthetisches Wachs ist z. B. das Cetylpalmitat. In Lippenstiften findet man Carnaubawachs, das sich durch einen hohen Schmelzpunkt auszeichnet. Wachse werden vielfach mit Ölen abgemischt, um sie flüssiger und anwendungsfreundlicher zu machen. Umgekehrt kann die Konsistenz sehr flüssiger Öle mit Wachsen erhöht werden.
Wasserhaltige Präparate
Sehr verbreitet sind Emulsionen, die ein Dispergieren von Öl in Wasser oder umgekehrt ermöglichen. Vorteil von Emulsionen ist, dass die Fettphase sehr rasch in die Haut einzieht und ein lästiger Fettfilm vermieden wird. Außerdem können mit dem Öl gleichzeitig auch wasserlösliche Wirkstoffe in die Haut eingeschleust werden. Gravierende Nachteile: die wässrige Phase der Emulsion muss gegenüber Mikroorganismen stabilisiert werden und die in der Haut gespeicherten Emulgatoren werden bei der Hautreinigung wieder aktiviert, wodurch verstärkt Fette aus der Haut heraus transportiert werden. Emulgatorfreie Präparate auf der Basis von Nanopartikeln oder DMS (Derma Membran Struktur) sind diesbezüglich gute Alternativen bei Anwendungen für die Problemhaut.
Einsatz und Anwendung der Fettstoffe
Die Verwendung tierischer Fette und Wachse ist in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen. In diesem Bereich spielt nur noch das Wollwachs (Adeps lanae) oder seine Abmischung mit Paraffinöl und Wasser (Lanolin nach DAB) eine größere Rolle. Wollwachs unterstützt die Bildung von Wasser-in-Öl-Emulsionen (W/O) und hat gute hautschützende Eigenschaften. Bei fettender, unreiner und zu Akne neigender Haut ist es allerdings nicht geeignet. Dies gilt auch für Mineralöle und mineralische Wachse, da sie ein feucht-okklusives Mikroklima erzeugen. Bei Barrierestörungen sind pflanzliche Wachsester wie Sheabutter, Jojobaöl sowie pflanzliche Öle mit spezifischer Fettsäurebesetzung zu empfehlen. Nachtkerzenöl hat z. B. einen hohen Gamma-Linolensäure-Anteil, der bei zu Neurodermitis neigender Haut sehr hilfreich sein kann. Öle mit hohem Linolsäureanteil wie Sonnenblumenöl und Weizenkeimöl fördern darüber hinaus die Bildung des linolsäurehaltigen Ceramid I in den Barriereschichten der Haut. Weizenkeimöl hat ähnlich wie das Avocadoöl auch einen beachtlichen Anteil an Palmitinsäure, die ein typischer Hornschichtbestandteil ist. Einen weitaus höheren Palmitinsäueanteil hat das Palmöl. Inzwischen wird auch Olivenöl verstärkt in kosmetischen Präparaten angetroffen. Olivenöl ist ein relativ oxidationsbeständiges Öl mit einem überdurchschnittlichen Anteil an der einfach ungesättigten Ölsäure, deren Triglyceride sich in Pflegeprodukten bereits bewährt haben. Ein interessantes andersartiges Öl ist das Rizinusöl, das fast ausschließlich Rizinolsäure in Form von Triglyceriden enthält. Rizinolsäure ist eine einfach ungesättigte Säure, die besondere Haft- und Gleiteigenschaften hat. Rizinusöl wird aus diesem Grund häufig in Lippenstiften verwendet. Unter dem Gesichtspunkt der lipophilen Stoffe sollten noch Squalen, Squalan und Silikonöle erwähnt werden. Während Squalen als Cholesterin-Vorstufe hauttypisch ist und die Quelle für das meist eingesetzte, oxidationsbeständigere Squalan Oliven sind, werden Silikone rein synthetisch hergestellt. Silikone sind im Vergleich zu Mineralölen auch stark wasserabweisend, aber je nach Struktur längst nicht so okklusiv. Weitere Austauschstoffe für Mineralöle sind Polyolefine, z. B. Polyisobutylen. Dabei handelt es sich um Kohlenwasserstoffe, die im Gegensatz zu Mineralölen sehr einheitlich aufgebaut sind. Die vorliegende Übersicht zeigt sowohl Stoffe, die für die Basispflege nützlich sind, als auch Stoffe, die einen ausgesprochenen Wirkstoffcharakter entwickeln. Für eine gut angepasste Hautpflege ist es ausschlaggebend, beide Eigenschaften zu berücksichtigen.
Dr. Hans Lautenschläger |